26.08.2022, 23:54 Uhr > Kultur > Gut gelaunte Mülltonnen: Künstler beleben die
Burg Tittmoning Gut gelaunte Mülltonnen: Künstler beleben
die Burg Tittmoning Mystisch-magische Bilder, die von der
Bedrohung und der Kraft der Natur künden, kombiniert mit
Gesellschaftskritik im Pop-Art-Stil: Silvia Menzel und Toninho Dingl
stellen im Rupertiwinkel aktuelle Werke aus: Ist die Stimmung besser als
die Lage? Von ...Während sich Dingl an Fotorealismus und
zivilisationskritischer Pop Art orientiert, widmet sich Silvia Menzel,
deren Arbeiten unter dem Titel "An der Quelle" ebenfalls in Tittmoning
zu sehen sind, der mystisch-magischen Welt ihrer engeren Heimat. Dabei
ist sie genauso skeptisch, was die Zukunft des Planeten angeht. Der
Mensch als "Krone der Schöpfung" trägt bei ihr zwar das
Herrschaftssymbol auf dem Kopf, die Zacken erinnern aber eher an eine
Dornenkrone. Der Kopf sackt weg, als ob er die Last der Verantwortung
kaum noch aushält. Das sei als Kritik am Umgang mit der Natur, speziell
mit den Tieren zu verstehen, sagt Menzel dem BR. So faszinierend wie beklemmend ihr Porträt
der "Zeit", ein Holzschnitt, der eine greise, zusammengekauerte Frau
zeigt, die den Betrachter mit keineswegs verzweifeltem Blick mustert.
Eher will sie wissen, wie ihr Gast mit seiner eigenen Vergänglichkeit
klar kommt und ob er sie so souverän meistert wie sie selbst. "Flower
Power" nennen sich die bunten Scheiben, die im Farbrausch zu rotieren
scheinen, halb weisen sie auf die gleichnamige Ära der "freien Liebe" -
Menzel wurde 1956 in Köln geboren - halb beschwören sie die Kraft der
Blumen im Garten. Energiegeladene Quellnymphe in Marineblau Menzel lebt und arbeitet mit der Natur, das
ist all ihren Werken gemeinsam: Korallenriffe werden von Fischen
umtanzt, ein Wasserfall rauscht schäumend in die Tiefe, gar nicht so
"klein", wie der Titel nahelegt. Und die majestätische "Quellnymphe" in
Rückenansicht sieht in ihrem bodenlangen, sehr körperbetonten Kleid in
marineblau aus wie eine selbstbewusste Tänzerin aus der Weimarer
Republik, zumal sie auch noch einen ausladenden Kopfschmuck aus Farnen
trägt. Hier will jemand auffallen mit seiner energiegeladenen
Persönlichkeit und schert sich nicht darum, was die anderen davon
halten. "Rostige Erinnerung" nennt Menzel eine
Arbeit, die den Blick auf ein Gehirn frei gibt, übersät mit den
titelgebenden rotbraunen Flecken. Da ist manche Region tatsächlich schon
korrodiert, da sind Gedanken längst nicht mehr blank poliert, sondern in
ihre Einzelteile zerfallen. Womöglich sind es ja die düsteren, die
verrostet sind, und die heiteren sind aus Edelstahl. Schattenhafte Welt der Farne und
gurgelnden Quellen Wer sich begeistern kann für die
schattenhafte Welt der Farne, der Wasserpflanzen und der gurgelnden
Quellen, der wird seine Freude haben an diesen teils wandhohen Drucken
auf Leinwand, Seide und Satin. Und ganz Mutige können die Wurzeln tief
in die Erde hinein begleiten, dorthin, wo die Nährstoffe warten, wo sich
das Leben seine Vitalität herholt. Gleich dreifach hat Silvia Menzel
diesen Prozess bebildert. Und in der Nische gegenüber winkt das Blatt
herüber, das vom Saugen der Wurzeln im Humus profitiert. Wer die Ausstellung verlässt, steht dann vor
der großen Linde im Burghof von Tittmoning und nimmt sie prompt ganz
anders wahr. Eine lauschige Kulisse, nebenan wartet das "Museum eines
Heimatmuseums", wie es ironisch heißt, weil die Schau so schön
altmodisch ist. Scheint so, dass der Besucher von hier so angeregt wie
entspannt nach Hause fährt. Bis zum 3. Oktober in der Burg Tittmoning
an der Salzach, geöffnet ist immer mittwochs bis sonntags, 14 bis 17
Uhr. PNP 26.August von
Prof. Mag Josef A. Standl Chefredakteur a.d
Tittmoning/Altötting. ...Titel der
Ausstellung von SilviaMenzel ist „An der Quelle“. Auf drei Ebenen im
Fürstenstock zeigt sie vor allem mehrfärbige Holzdrucke. Ihre Quellen
findet sie ganz in ihrer Nähe ihres Wohnhauses
im Tittmoninger Ponlachgraben mit den Wasserfällen. „Ich beobachte den
Wasserfall und je mehr ich mich in ihn gedanklich hinein denke,
umso mehr erfüllt
er sich mit Leben als Kraftplatz.“ Und so entstanden
die beiden Holzdrucke mit dem Wasserfall und mit dem Mädchen und der
farnenhaften Landschaft, der aus dem Haupt des Mädchens hervor geht. Ihre Ideen kommen
aus der Naturverbundenheit und dem starkem Willen, die sie bündelt, in
Phantasien verarbeitet und in Druckgraphik umsetzt... ...Die Ausführung
der Arbeiten zeugen von hohem künstlerischen und handwerklichem
Können...
Nachricht auf BR24
Neulich, beim Mittagsschlaf in der Natur, ist ihr eine
Kreuzotter über die Füße gekrochen, erzählt Silvia Menzel ganz gelassen. Sie
hat es erst gemerkt, als die „Gefahr“ schon vorbei war, weil sie dachte,
jemand wollte sie necken. Auf einer kleinen Insel im Chiemgau sei das
gewesen, da gebe es viele Schlangen, und die haben sie zu einem
Paradies-Bild inspiriert, so ganz anders als üblich. Die Schlange ist hier
nicht Sinnbild der Sünde und des Verderbens, sondern der Heilkraft, der
Fruchtbarkeit und des Lebens. Der Schatten einer Frau tanzt mit dem Reptil,
inmitten einer üppig-bunten Vegetation. Überhaupt sind die Holzdrucke und
Gemälde von Silvia Menzel, die jetzt auf der Burg Tittmoning zu sehen sind,
allesamt lichtdurchflutet, farbintensiv und voller Optimismus. Jedem der
Werke ist anzumerken, dass die Künstlerin die Natur liebt, nicht als
kitschige Idylle, sondern als geheimnisvolle, mythische Kraftquelle. In
ihren Porträts sehen einen lauter in sich ruhende Menschen an, „geerdet“,
gelassen, gereift - etwa in der Arbeit "Fly with me", die in rot und blau
funkelt.
Großformatige Holzschnitte sind
kräftezehrend
Ziemlich anstrengend sei die Arbeit mit dem Holz, so
Silvia Menzel, selbst dann, wenn sie gelegentlich mit der Motorsäge arbeite.
Da sie nebenbei jedoch auch als Masseurin Geld verdiene, habe sie die nötige
Kraft in den Handgelenken. Gleichwohl verwirklicht sie die großformatigen
Werke mitunter erst nach und nach, sehr bedächtig. Das Konzept muss von
Anfang fest stehen, beim Holzschnitt sind Korrekturen nachträglich
ausgeschlossen, aber es kann dauern, bis die gesamte Fläche geschnitzt ist.
Damit der Besucher eine Ahnung davon bekommt, wie kräftezehrend das ist,
sind einige der gekerbten Holztafeln ausgestellt.
Tiere - von Pilger-Massen
"genervt"
„Zwei Extreme. Eine Wurzel“ ist die aktuelle
Ausstellung in Tittmoning betitelt, denn ergänzt werden die Holzschnitte
durch herrlich witzige, auf heitere Art berührende Natur-Objekte von Susanne
von Siemens. Sie lässt Knochen tanzen, lässt Schneckenhäuser aus ihrem
Garten nach Größe und Art sortiert aufmarschieren, fertigt aus
Pflanzenteilen elegante Abendroben und hat eine Menagerie „ausgestorbener
Tiere“ des Rupertiwinkels gezaubert, die alle Besucher ihre Smartphones
zücken ließ. Da krabbelte, zischte und flatterte es, wimmelte es von
vermeintlich „reißenden Bestien“, „intelligenten Viechern“ und „genialen
Tricksern“, die nach zuverlässigen Begleittexten allesamt im Ponlachgraben
hausten, einem Ort, an dem früher fromme Pilger massenhaft aufkreuzten, um
an einer heilkräftigen Quelle ihre Augen zu stärken. Manche Tiere waren
davon so „genervt“, dass sie „aus Protest“ ausstarben, darunter der
raffinierte "Geschwänzte Zungen-Schnalzler", der Insekten zum Verhängnis
wurde.
Auch verrostete Kornkorken
taugen noch
Wer an all diesen kleinen wie großen Schaustücken
vorbei flaniert ist, wird Fürstenstock und „Carabinnierisaal“ auf der
Tittmoninger Burg höchst amüsiert verlassen und staunend die große Dorflinde
betrachten, die mitten im Burghof Schatten spendet. Beeindruckend, wie diese
beiden Künstlerinnen die „Poesie der Natur“ interpretieren, frei von allen
Klischees und romantischem Pathos, fern von verkopfter „Konzeptkunst“,
stattdessen humorvoll, anspielungs- und kenntnisreich. Ob es feine Wurzeln
sind, die mit noch feineren roten Fäden verbunden wurden, ein gewaltiger
Wurzelteller, der dem Kopf eines im Lehm liegenden Menschen entspringt oder
die Barke „Glaube, Liebe, Hoffnung“ aus Treibholz: Alles Objekte aus
Fundstücken. Sogar für verrostete Kronkorken gibt es neue Verwendung. Wer im
Rupertiwinkel unterwegs ist, kommt hier garantiert auf
sommerlich-beschwingte Gedanken.
Bis 8. Juli 2018 in der Burg Tittmoning, mittwochs bis
sonntags 13 bis 17 Uhr.
Quelle: kulturLeben
12.07.2018 - 14:05 Uhr